Mittwoch, 31. Oktober 2007

Die Frau und das rollende Ungeheuer

Dass manche technischen Errungenschaften der westlichen Welt nicht in letzter Instanz in Indien die Regel sind hatte ich schon erlebt, als ich unbedachterweise meinen Fotoapparat in einem großen Mob zückte. Folgende Geschichte war aber trotz meines mittlerweile zweimonatigem Aufenthalts hier in Delhi ein Unikum und darüber hinaus sehr belustigend. Ich hatte mich zum wiederholten Male zum Essen am Connaught Place verabredet. Der C.P. liegt ca. 2 km von meiner Arbeitsstätte, dem Chawri Bazar, entfernt. Ich entschied mich also mir direkt nach der Arbeit eine Motor-Rikshaw zu organiseren, da Fahrrad-Rikshaws sich dem Zentrum Delhis nicht nähern dürfen.
Die Organisation eines Fortbewegungsmittels stellte sich aber leider nicht als so einfach dar, da sich das größte Fest der Hindus namens Diwali nähert und das Verkehrsaufkommen Delhis seitdem Tag für Tag unaufhaltsam wächst. So dauerte es schon eine Viertelstunde, um ohne verlorene Gliedmaßen die circa fünf Meter breite Straße zu überqueren. Der indische Verkehrteilnehmer war an diesem Tage besonders rücksichtslos, da auch er wusste, dass jede gen Abend verstrichene Minute den Weg nach Hause oder zum Geschäft der Wahl um zwanzig Minuten verlängert. Ich überlegte zwischenzeitlich schon mir eine Brücke zu bauen, um an den Verkehrsknotenpunkt namens Darya Ganj zu kommen, da schoss mir der Gedanke durch den Kopf den Weg zum Zentrum mit der Metro zurückzulegen. Gesagt getan. Ich enterte den Eingang der U-Bahn ohne Probleme und die Taschenkontrolle ließ ich auch hinter mir ohne die Tasche öffnen zu müssen, denn Ausländer westlicher Herkunft können anscheinend keine Terroristen sein. Ich werde hier zumindest meistens einfach mit einem Lächeln durchgewunken. Und das obwohl ich mich schon selbst als gefährlich einstufe. Na ja, Spaß bei Seite.
Auf jeden Fall war ich ein wenig spät dran und ich wollte meinen Essenspartner darauf hinweisen, dass ich mich ein wenig verspäten würde, da fiel mir ein kleiner Tumult an der zum Gleis führenden Rolltreppe auf. Neugierig wie ich bin wollte ich natürlich auch an der Freude der dort stehende Personen teilhaben, außerdem wollte ich natürlich generell in Erfahrung bringen, was dort vor sich ging.
Es handelte sich um eine Frau in dem Alter von in etwa dreißig Jahren, die nicht wusste wie sie mit der Rolltreppe umgehen sollte. Jeder Schritt auf das sich bewegende Ungetüm wurde von einem lauten Schrei und einem sehr schnellen Schritt zurück auf das Festland begleitet. Das ganze Prozedere dauerte bestimmt zwei bis drei Minuten bis sich zwei indische Mit-Rolltreppenfahrer erbarmten und sie unter ihre Fittiche nahmen. Letztendlich war die Frau nicht mehr ängstlich, sondern hatte sogar Riesenspaß und konnte zum Schluss der doch recht langen Rolltreppe alleine auf ihrer Stufe stehen. Es war eine Mordsgaudi das alles zu beobachten. Dass ich selbst nicht „geholfen“ habe entschuldige ich heute mit meiner journalistischen Tätigkeit und der Pflicht das Ganze so genau wie möglich aufzuschreiben.

Und wir müssen in die Achterbahn um solchen Spaß zu haben. Eigentlich traurig, aber so eine Achterbahn ist doch auch eine super Sache.

Montag, 29. Oktober 2007

Lychee Lassi und das Goethe-Institut

Das Nachtleben Delhis war bisher ein böhmisches Dorf für mich. Wenn man als Europäer Nächte bis spät in die Morgenstunden gewöhnt ist, wird zumindest in den einschlägigen Touristenspelunken Delhis bitter enttäuscht. Jeder Club schließt gegen 23.30h seine Pforten und bietet nicht allzu viel außer eines geplatzten Trommelfells ob der extremen Lautstärke. Ich hatte mich schon damit abgefunden mich in fast jeder freien Minute im meiner Wohnstätte nahe gelegenen „Siri Fort Sports Complex“ mit der Stählung meines Körpers zu beschäftigen.
Aber es kam wie immer in Indien anders. Ich hielt mich in meinem Lieblingsrestaurant „The Big Chill“ am Khan Market auf. Hier wird überwiegend europäische/amerikanische Küche auf einem hohen Level kredenzt. Da ich zurzeit die indische Küche bis auf einen kleinen Teil aus dem Speiseplan verbannt habe, ist dieses Restaurant ein guter Ablenkungsfeldzug.
So geschah es dann auch wieder an dem vergangenen Samstag, dass ich bei frisch gepresstem Apfelsaft und Salami-Pizza das „Time Out Magazine Delhi“ studierte. Hier war der Gig der Elektronik-Jazz Combo Lychee Lassi aus Berlin im Max Mueller Bhavan (Goethe-Institut Delhi) als Tagestipp genannt. Da ich wider erwarten eh nichts zu tun hatte machte ich mich mit der Rikshaw auf zum Institut in Erwartung eines entspannten Konzertabends. Der Eintritt war umsonst und ich traf bereits an der Eingangspforte David, der auch unwissend wie ich ein wenig zum proklamierten Jazz entspannen wollte. David ist halb Franzose und halb dominikanischer Republikaner oder DomRepper (oder wie die Jungs und Mädels aus dem Land eben heißen) und sein Satz: „I really hope that they got beer“ ließ ihn schon an der Pforte sehr sympathisch erscheinen - schließlich kann ich zu kaltem Kingfisher (so heißt hier das bekannteste Gebräu) nur in Ausnahmefällen nein sagen. Aber ich erzählte ihm, das eigentlich jede von Deutschen organisierte Veranstaltung Bier auf der Getränkekarte hätte, außer vielleicht die Jahreshauptversammlung der Anonymen Alkoholiker. Während wir warteten erzählte er mir, dass er im diplomatischen Dienst für das Konsulat der Dominikanischen Republik arbeitet und schon seit 15 Monaten in Delhi ausharrt. Dann wurden wir eingelassen und die Jungs von Lychee Lassi bestehend aus DJ Illvibe (bis 2005 DJ bei Seeed), Dirk Berger (g), Beat Halberschmidt (b) und Roland "Roy" Knauf (dr) legten los und überraschten mich mit einem frischen Mix aus elektronischer Musik, bizarr verzerrter Gitarre und einem sehr dominanten Bass. Samples aus überwiegend alten 90er Rapstücken und ein Höllentrommler rundeten das Spektakel ab. Die Jungs rockten das gesamte Publikum bestehend aus vielen Weißhäuten, indischer Jugend und Offiziellen. Der Höhepunkt des Gigs war dann das gemeinsame Stück mit der indischen Elektro-Fraktion Jalebee Cartel, die nach Lychee Lassi auftraten und Musik in Richtung der Band Underworld mit indischem Einfluss machten. Deliziös. Die letzten beiden Stücke wurden dann wieder gemeinsam gespielt und nun konnte sich niemand mehr auf dem zugewiesenen Platz halten. Ein weiteres lustiges Erlebnis war das Kennen lernen von Berit aus Berlin, die ab morgen ein Praktikum im Max Mueller Bhavan absolviert und ungefähr eine Minute von meiner Wohnung entfernt wohnt - welch Zufall. In Kombination von Berit und David sowie einigen Mitabeitern der Deutschen Botschaft floss das Bier dann endlich mal in St. Pauli-geht-spielen-Manier. Das Konzert war gegen 23h zu Ende und man beschloss sich auf ins Park-Hotel zu machen, um den Abend mit härteren Alkoholika ausklingen zu lassen. Hier wurden dann Erinnerungen etwaige Schickeria-Schauplätze Deutschlands wach. Überwiegend junge Delhianer gaben hier das Geld ihrer reichen Eltern aus und die Mädels trugen Kleidungsstücke, die den Namen Kleid nicht verdienen. Diese bedeckten nämlich nur primäre und sekundäre Geschlechtsteile. Alle waren ziemlich aufgebrezelt. Nicht gerade mein Klientel und als ich dann feststellte, das ich für meinen Tanqueray-Tonic gerade siebenhundert Rupees (EUR 13,50) bezahlt hatte, beschloss ich mich eher mit Gesprächen mit den anderen der Partygruppe zu beschäftigen statt meiner Gin-Gier zu frönen. Gegen eins beschlossen Berit, David und ich dann nach einem ausführlichen Nummernaustausch die Wohnungen aufzusuchen. Da wir alle recht hübsch einen in der Krone hatten gestaltete sich das Finden des D-Blocks in dem Berit und ich wohnen ein wenig schwierig. Wir forderten dann einfach den Taxi-Fahrer auf uns bei irgendeinem Eingang herauszulassen. Eine Stunde später konnte ich dann auch Berit zu Hause abliefern und trat hundemüde den Heimweg an um am gestrigen Sonntag endlich mal wieder mit einem Kater aufzuwachen.

Mittwoch, 24. Oktober 2007

Der Ausländer als Geldesel

Ich hatte schon in den vorherigen Berichten des Öfteren mal durchklingen lassen, dass der gemeine Inder immer und überall darauf bedacht ist den weißhäutig oder asiatisch erscheinenden Touristen abzurippen. Er ist ja ein vermeintlicher Tourist und hat Unmengen von Geld, die er am liebsten nicht sinnvoll ausgeben, sondern zwielichtig daher kommenden Gestalten in den Rachen werfen möchte. Sicherlich verallgemeinere ich mal wieder ein wenig, aber so ist der Kleine nun mal.
Allerdings habe ich jetzt auch noch einen anderen möglichen Grund für dieses Verhalten gefunden. Der Staat macht den Rikshaw-Fahrern, Straßenverkäufern und Schleppern vorbildlich vor, wie man Touristen um ihr Geld bringt.
Geht man als Tourist zu jeglichen eintrittspflichtigen Sehenswürdigkeiten muss bei den eigens für Ausländer eingerichteten Schaltern seine Eintrittskarte erstehen. So weit so gut, aber bei der Aufschrift „Indian citizens 2 Rs. - Foreigners 100 Rs.“ kommt ein gewisses Gefühl von „ich fühle mich ungerecht behandelt“ auf. Das ist immerhin der fünfzigfache Faktor. Und wer mir jetzt mit „aber die Inder haben doch nicht so viel Geld“ kommt, hat zwar Recht, ABER die Inder, die man in kulturellen Stätten findet, nagen alles andere als am Hungertuch.
Der große Bevölkerungsteil, der arm ist möchte mit seinem wenigen Geld andere Sachen machen - zum Beispiel Nahrung kaufen und seine Familie ernähren. Der Anblick des Red Fort hat wohl noch keinen satt gemacht und auch Steine und Rasen sind nur bedingt als Nahrungsmittel geeignet, außerdem sollte man die Wachen nicht vergessen, die berechtigterweise darauf achten, dass man ja nichts anfasst.

Ich sehe es auch ein, dass ich als Ausländer ein wenig mehr bezahle, aber bei den Sehenswürdigkeiten in Agra hört der Spaß dann auch auf. Schaut man sich das Taj Mahal, das Agra Fort und das Mini Taj Mahal an, ist man schnell dreißig Euro los, während der Einheimische sein über das Jahr gesammeltes Indianergeld, das er ob des gen Null strebenden Wertes nie los wird, endlich an den Mann, äh die Kulturstätte, bringen kann.

Mein Vorschlag lautet daher nicht wie sonst „einfach Indien annektieren und dann selbst ändern“ sondern rapide Preiserhöhungen an europäischen und asiatischen Kulturstätten für Mitarbeiter der indischen Regierung - insbesondere des Ministeriums für Bildung und Kultur. Statt im deutschen Museum in München subventionierte EUR 8,50 zu zahlen wären dann mal eben EUR 425,- fällig.

Ich sollte Diplomat oder so werden.

Montag, 22. Oktober 2007

Meine neue Leidenschaft für Krankenhäuser

Ja was soll ich sagen. Auf der Intensivstation in Agra hat es mir ja schon ziemlich gut gefallen. Allerdings wollte ich auch mal die medizinischen Einrichtungen in meiner derzeitigen Wahlheimat Delhi anschauen und habe es auch getan - auch hier eher unfreiwillig.
Aber wie kam es dazu?
Nach unserem Traumbesuch in Agra habe ich nach unserer Rückkehr erstmal recht lange, recht tief geschlafen und mir ging es wieder einigermaßen gut, ich hatte kein Fieber mehr und ich hatte das Gefühl auf dem Wege der Besserung zu sein. Trotzdem entschloss ich mich dieses Mal einen echten Arzt zu konsultieren, um der Geschichte mal auf den Grund zu gehen. MD Dr. Shashi Mohan ist der Leibarzt Prems und somit hatte ich ein gutes Gefühl. Er ist ausgebildeter Kardiologe, hat in Delhi, London und Oxford studiert und hat mehr als zehn Jahre im Vereinigten Königreich als Arzt gearbeitet. Er untersuchte mich und ließ weitere Bluttests (juhu) in einem Labor ganz in der Nähe seiner Praxis machen. Endlich eine Vertrauenserweckende medizinische Einrichtung. Die saubere Ausstattung und sehr freundliches Personal nahmen mir zwar nicht die Angst vor der Nadel, aber gaben zumindest ein gutes Gefühl für den Ablauf der Prozedur des Grauens. Außerdem konnte man die Testergebnisse noch am selben Tag auf der Homepage des Institutes mit dem Passwort auf der Rechnung abrufen (sehr vorbildlich, aber datenschutztechnisch wohl eher fragwürdig). Die Tests wiesen auf irgendeine Entzündung hin und ich bekam die Lieblingsmedikation eines jeden indischen Arztes verschrieben - ein Antibiotikum.
Ich schluckte brav die mir verordneten Tabletten, aber nach zwei Tagen bekam ich endlich wieder Fieber und auch mein bis dato treuer Gefährte - der Durchfall - hatte sich wieder zu mir gesellt. Also rief ich auf Druck meiner Freundin Shashi an, der mich prompt zu einem neuerlichen Aufenthalt im Krankenhaus bat. Also Sachen gepackt, einen von Prems Fahrern bestellt und ab in die Klinik.
Nun gesellte sich auch endlich mein zweiter - mir in Agra so lieb gewordener Freund zu mir - der Tropf. Da das erste Antibiotikum durch den Tropf nicht anschlug und ich weiterhin Fieber und Durchfall hatte, ließ der Arzt zwei Antibiotika parallel laufen. Kombiniert mit den Infusionen, die meine Dehydrierung aufheben sollten, wurde ich also dauernd umgestöpselt - natürlich auch in der Nacht. Wer sich an die Krankenhausszene bei „Werner Beinhart“ erinnert, bei der die Krankenschwester zu den unchristlichsten Zeiten in das Krankenzimmer marschiert, um irgendwelche Arbeiten zu verrichten und dann schließlich immer das Licht anlässt, weiß wie ich mich Gefühlt habe. Ich verstehe, dass man die Infusionen wechseln muss und auch das Fieber zu messen ist sicherlich sinnvoll (hier noch richtig zeitraubend und fast Antik mit einem Bleithermometer), aber dauernd Blutdruck messen kombiniert mit irgendwelchen Putzkräften, die morgens um sechs den Raum wischen wollen - nein das hat schon manchmal genervt. Des Weiteren sollte der Einsatz von Senfgas als Putzmittel überdacht werden. Ich weiß nicht was die benutzt haben, aber Klebstoff schnüffeln stelle ich mir ähnlich vor - bewusstseinserweiternd und kopfschmerzfördernd.

Zum Glück hatte ich mich für die Deluxe Suite entschieden, die ein Einzelzimmer war. Von daher waren schon mal andauernde indische Familienbesuche ausgeschlossen. Für meinen eigenen Besuch hatte ich dann sogar eine Schlafmöglichkeit, die netterweise sogar benutzt wurde. Außerdem kann man in Indien durchaus sein Mobile im Krankenhaus benutzen und so hatte ich immer Zeitvertreib durch besorgte Anrufe aus der Heimat - vielen Dank dafür. Außerdem noch Dank an Leonies Papa, der uns immer mit Ratschlägen und Einschätzungen aus medizinischer Sicht zur Seite stand. Für mich war es doch immer ein gutes Gefühl, die Tests noch einmal aus Deutschland überprüfen zu lassen. Zu guter Letzt möchte ich noch „Rajivs Power Mac“ danken, der mir gütigerweise unwissend sein wenn auch schwaches WLAN Netzwerk im Krankenhaus zur Verfügung stellte. Und jetzt ist ein für alle Mal Schluss mit langweiligen Berichten aus Krankenhäusern.

Das Leben und die Arbeit rufen.

FYI:
Sehr zu empfehlen bei langweiligen Krankenhausaufenthalten: „Resturlaub“ von Tommy Jaud als Hörbuch - gelesen von Christoph Maria Herbst (Stromberg).

Dienstag, 9. Oktober 2007

Die Intensiv(e)Station in Agra

Endlich war es soweit und Leonie und ich wollten die seit langem geplante Agra-Reise zum Taj Mahal und sonstigen Sehenswürdigkeiten antreten. Wir entschieden uns für die unorganisierte Variante mit dem Zug. Wir trafen überpünktlich um 5:45 h an der New Delhi Train Station ein und erwischten somit unseren Zug um 6:15 h ohne Hetze und völlig entspannt. Es gab eine kleine Mahlzeit und daher verlief die zweieinviertelstündige Reise sehr angenehm. Welch entspannter Anfang - sollte man meinen.
Wir kamen an und buchten sogleich entgegen unserer eigentlichen Planungen ein Rückfahrtticket, da wir doch keine Lust hatten in der recht ahnsehnlichen aber kleinen Stadt zu übernachten.
Der erste Eindruck war, dass man (wie in einschlägigen Reiseführern erwähnt) von hunderttausend Taxifahrern und Schleppern überrannt wird. Aber diese ließen wir mittlerweile erfahren hinter uns und mieteten einen Kulturstättenbesichtigungsrikshawfahrer für Rs. 400,- pro Nase. Dieser fuhr uns zu den wichtigsten kulturellen Stätten der überschaubaren Stadt Agra. Wir sahen das Agra Fort, das Mini-Taj Mahal und die Rückseite des Taj Mahal - eines Mitgliedes der neuen „sieben Weltwunder“. Bereits hier merkte ich, dass ich meine gerade überwundene Magen- und Darmgrippe wohl doch noch nicht ganz überwunden hatte. Wir beschlossen uns in einem Café in der Nähe niederzulassen und ein wenig Kraft für den abendlichen Taj Mahal-Besuch zu sammeln. Leider wurde mein Zustand nicht besser und ich merkte, dass ich Fieber hatte. Wir beschlossen einen Schnellbesuch im Taj Mahal und darauf folgend eine Umbuchung des Tickets und eine möglichst schnelle Rückkehr.
Das Taj Mahal war sehr faszinierend, obwohl ich mir sicher bin, dass ich ob des Fiebers ein anderes Bauwerk als Leonie gesehen habe.
Die Umbuchung übernahm großzügigerweise Leonie, da ich mich mittlerweile nicht zu mehr in der Lage sah, als herumzuvegetieren und möglichst viel Wasser zu trinken.
Wie schon öfters erwähnt nehmen manche Dinge in Indien mehr Zeit ein als anderswo. Wer hätte aber gedacht, dass die Bahnarbeiter sogar unsere Schalterkräfte bei der DB an Langsamkeit übertreffen? Aber meine kleine Freundin nahm auch diese zermürbende Aktivität mit unschlagbarer Gelassenheit hin.
Mir ging es derweil immer schlechter und ich hatte mich vor die Bahnstation begeben, da meine Arme von starken Krämpfen heimgesucht wurden und mir das Atmen und sprechen schwer viel. Es hatte sich eine Indien gerecht werdende Menschenmasse um mich versammelt. Diese versuchte hektisch den von mir lautstark geforderten Arzt herbeizurufen und Leonie zu alarmieren. Schwierig wenn einem die Zunge die Aussprache des Buchstabens „L“ verweigert. Aber „a girl from Germany“ kam mit einigen Anstrengungen zum Glück doch noch über meine Lippen.
Als Leonie herbeigeeilt war ging es dann auch gleich mit dem Taxi in das nahe gelegene „Krankenhaus“ auf die „intensive care unit“ und zwar quer auf der Rückbank liegend. Für den Taxifahrer sicherlich das Ereignis des Tages. Ich war zwar kein Fahrgast, der ins Taxi springt und: „folgen Sie dem grünen Wagen da vorne“ brüllt, aber laut war ich auch. Beruhigend war, dass niemand im Krankenhaus als Arzt zu identifizieren war. Putzfrau und die Krankenpfleger sahen alle gleich aus. Wer mich kennt weiß, dass ich eine gewisse Abneigung gegen Dinge habe, die in mich gestochen werden um entweder Flüssigkeit aus mir zu entwenden oder Dinge in meinen Körper zu verbringen. Oder einfach ausgedrückt: ICH HASSE JEGLICHE FORM VON SPRITZEN.
Daher wies ich die mittlerweile aufgetauchte junge Ärztin an mir irgendwelche Schmerztabletten einzuflössen - egal welche, anstatt mich irgendwie anzupieksen. Die nächste Überraschung war, dass Leonie die Medikation selbst aus der Apotheke holen sollte - das übernahm dann aber doch zum Glück der Taxifahrer, der heldenhaft im Krankenhaus geblieben war. Die Tabletten waren extrem lecker, zeigten allerdings keine Wirkung. Also entschied ich mich heldenhaft mir doch einen Zugang legen zu lassen, da die Schmerzen mittlerweile fast bewusstseinsraubend waren. Mittlerweile war ich dann auch schon an das EKG angeschlossen und hatte Muskelentspannungsmittel in den Allerwertesten gespritzt bekommen. Sehr hilfreich war das niemand der englischen Sprache mächtig war. So verstand niemand meine doch sehr deutliche Aufforderung: „Get me a §$%$’* doctor with a pain killer “. (die verschiedenen Symbole können durch ein beliebiges englisches Wort der unverblümteren Art, das mein Anliegen verdeutlichen sollte ersetzt werden - ich habe sie alle ausprobiert - leider ohne Erfolg)
Schließlich schliff Leonie die Ärztin aus ihrer Sprechstunde, um mir Linderung in Form von Injektionen zu bringen.
Später kam der Chefarzt und Eigentümer der Klinik, um sich auch ein Bild der Situation zu machen. Er verordnete weitere Infusionen, die - wie sich später herausstellte - durchaus kritischere Situationen hätten erzeugen können. Außerdem verbesserte er unsere Stimmung indem er einen Verdacht auf Malaria äußerte. Zumindest versuchte er seine Hypothese mit den notwendigen Bluttests zu festigen. Wenigstens eine kompetente Entscheidung an diesem schönen Abend. Leider viel er im weiteren Verlauf nur durch eine abwertende und lächerlich machende Attitüde gegenüber Leonie auf.
Die Schmerzmittel in Kombination mit einer einfachen Plastiktüte als Atemmaske (zum Glück war uns bewusst, dass man eine Hyperventilation mit den verbundenen Symptomen so stoppen beziehungsweise lindern kann) brachten nach drei Stunden dann endlich die ersehnte Schmerzfreiheit. Dass unser Arzt des Misstrauens diese Methode mit einem lauten Lachen würdigte möchte ich nur am Rande erwähnen. Schade ist einfach nur, dass das Krankenhauspersonal sofort Männchen machte, als ihr Star-Mediziner die Bühne betrat und somit unsere eigene Behandlungsmethode erst nach Gewaltandrohung unterstützte. Eigentlich waren noch weitere Tests mit mir vorgesehen. Das Röntgenbild meiner Brust ließen wir noch durchgehen, allerdings waren auf dem Bild dann auch die Innereien der Umstehenden abgebildet. In Agra wird das Röntgen nämlich gleich im Bett als Gruppenphoto erledigt. Wir ließen noch die letzte Infusion durchlaufen und entschieden uns die 200 km nach Delhi mit dem Taxi zurückzulegen. Weitere Tests wollte ich nicht über mich ergehen lassen, da mir doch bewusst war, dass ich wegen meiner indischen Kontakte Zugang zu richtigen Ärzten in Delhi haben würde. Ein Tag mit einem überheblichen Medizinmann hatte uns gereicht. Außerdem fühlte ich mich transportfähig. Wer die dreckige Intensivstation mit der Todeskandidatin zu meiner Rechten gesehen hätte, würde mich verstehen. Es gibt mir kein gutes Gefühl, wenn man Kanülen und Medikamente selbst aus der Apotheke besorgen muss, um dann erstmal die Nadeln augenscheinlich auf Sterilität zu untersuchen.
Blieb nur noch dieses Wort „Malaria“ das uns im Kopf umherschwirrte. Leider konnte uns niemand Auskunft über die Tests geben - es war kein Arzt mehr zugegen respektive die Ergebnisse waren nur gegen Bezahlung der Krankenhausgebühr ersichtlich. Da unsere flüssigen finanziellen Mittel aufgrund der bisher erstandenen Kosten gen Null strebten und das Krankenhaus wider Erwarten (haha) keine Kreditkarten akzeptierte war erstmal ein Besuch bei der nächsten ATM nötig. Gütigerweise ließ dann der Krankenhausmanager (!!!) dann doch mit den Untersuchungsergebnissen in der Hand durchsickern, dass es sich nicht um Malaria handelte.
Nach der Nummer packten wir dann nur noch schnell unsere Sachen, holten Geld und Leonie organisierte geistesgegenwärtig noch schnell in der „bitte einmal Alles Manier“ bei Pizza Hut eine kleine Wegzehrung. Zumindest hatten wir so für den nächsten Tag eine volle Mahlzeit für eine ausgehungerte Handballtruppe, denn mein Appetit war noch eher beschränkt.
Vier Stunden später kamen wir völlig erschöpft im Hotel an.

Fazit:
1) Agra vergesse ich nicht
2) Ohne Leonie wäre ich wohl gleich im Zinksarg nach Hause gekommen
3) Humor ist wenn man trotzdem lacht
4) Kein schlechtes Wort über das deutsche Gesundheitssystem in meiner Gegenwart

Freitag, 5. Oktober 2007

Die neue Bleibe

Delhi ist eine recht stressige und laute Stadt. Sowohl die Gegend meiner derzeitigen Arbeitstätte als auch der Stadtteil Paharganj in dem sich mein bisheriges Hotel „Presidency“ befindet sind nichts für schwache Nerven.
Ich halte mich nicht für einen Menschen mit schwachen Nerven, aber mein bisher einmonatiger Aufenthalt in Delhi zeigt mir, dass ich zumindest eine Lärm- und Stressquelle eliminieren sollte. Somit bahnt sich mein dritter Umzug an, da ich die Arbeitsstätte ja nicht mal so eben wechseln kann.

Aber bevor ein Umzug ansteht muss man erstmal eine neue und vor allem akzeptable Bleibe suchen. Kein leichtes Unterfangen in Delhi mit seinem Verkehr und den nur fast oder gar nicht vorhandenen Straßenbezeichnungen und den immer hinterlistigen Rikshaw-Fahrern.
Die neue Bleibe sollte folgende Kriterien erfüllen:

1) Es darf kein Tempel (egal welcher Glaubensrichtung) in der Nähe sein. Wie in einem vorherigen Bericht schon angedeutet, haben die Inder jegliches Gefühl für Lautstärke irgendwann und irgendwo verloren und somit auch für die immer läutenden Glocken/Klingeln/sonstiger Krachmacher ihrer Tempelanlagen. Und dieses auch noch zu unchristlichen Zeiten beziehungsweise Zeiten, die jeglicher Glaubensrichtung widersprechen.
2) Jegliche Form von Straße, die mehr als 2.000 Fahrzeuge auf zehn Meter Strecke und vier Meter Breite beherbergt, sollte ebenso nicht in unmittelbarer Nähe sein. Des Weiteren sollte die Feinstaubbelastung auf den m³ Luft unter der Gesamtbelastung aller deutschen Städte über 60.000 Einwohner zum Beginn der Sommerferienzeit liegen.
3) Der Helligkeitswert des Zimmers/Raumes sollte auch zur Tageszeit höher sein als an einem Dezembernachmittag in Nordschweden.
4) Es sollte unter tausend Euro im Monat Frühstück inklusive kosten.

Was soll ich sagen. Mit großartiger Mithilfe Leonies ist es uns gelungen eine neue Bleibe zu finden. Diese ist im recht reichen Stadtteil Gulmohar Park gelegen. Name des Guesthouses ist „Home away from Home“. Es hat nur zwei zu vermietende Zimmer und wird von der freundlichen Mrs. Kamte, ihren Sklaven (die natürlich auch mit der Klingel herbeizitiert werden) und ihren Bassets Hushy und Puppy geleitet. Das Zimmer hat einen Balkon, ist sehr hell und alles an Mobiliar ist heil - dieses ist übrigens sehr selten in Delhi. Außerdem ist die Bleibe sehr sauber und somit brauche ich mir als Profi Hausstaub- und Tierhaarallergiker auch keine Sorgen zu machen.
Auch habe ich dort eine stetige Internetverbindung und somit steht ausführlichen Plaudereien nichts mehr im Wege - allerdings erst ab dem 10.10. Der Weg zu diesem Zimmer war sehr steinig und ging mit einer Lektion zum Einkommenssteuersytem Indiens einher. Er war also typische indisch. Denn ketzerisch behauptet läuft hier bis dato nicht allzu viel glatt und ohne eine gewisse Grundgelassenheit wäre der eine oder andere Amoklauf wohl nicht zu vermeiden gewesen.
Aber ich möchte die Leserschaft nicht mit solchen Nichtigkeiten ermüden.
In der Überbrückungszeit haben wir ein Zimmer in der Defence Colony bezogen. Auch eine eher wohlhabende und ruhige Gegend - also ist kein Todeslauf, verursacht durch eine zu hohe Lärm- und Stressbelastung, von meiner Einer in der Zukunft zu erwarten.

Mittwoch, 3. Oktober 2007

Der entspannte Tag

Nach einem anstrengenden Tag soll man sich etwas Gutes gönnen. Da in Delhi bereits die Fahrt vom Hotel zum Restaurant der Wahl einen anstrengenden Tag bereiten kann, beschlossen wir uns von unserem persönlichen Reiseführer „Lonely Planet“ geleitet für eine Wellness-Aktion.
Die vorgeschlagene Adresse existierte allerdings gar nicht mehr und ich sah eine entspannte Massage in die Ferne ziehen.
Leonie hatte allerdings noch Beine wachsen auf dem Programm und so entschieden wir uns für den Besuch eines Beauty-Salons.
Vor meinem geistigen Auge sah ich mich bereits mit der Hindustan Times in folgendem Szenario sitzen:

Frauen, die bei der Pedi- und Maniküre sitzen, lassen sich beim Kichern nicht durch schreiende Frauen beim Beine und sonst was wachsen beirren. In Kombination mit dem neuesten Tratsch aus der Nachbarschaft auf Hindi brauchte ich entweder starke Alkoholika oder Narkotika um das zu überstehen – kurzum: Ich hatte Angst.

Aber ich überlebte - und das entspannt, ausgeglichen und rundum zufrieden.

Wer hätte gedacht, dass es auch einen Salon für Herren im gleichen Gebäude gab? Ich entschied mich bei der Auswahl meines Programms – wer hätte es gedacht – weder für eine Pediküre noch für ein Ganzkörperenthaarungsprogramm.
Ich hatte eine Gesichtsrasur und eine Kopfmassage ausgesucht.
Meine letzte Erfahrung mit einer solch gearteten Rasur hatte ich im letzten Orientbesuch mit meinem Vater. Allerdings hatte ich da noch keinen Bart – eher Flaum - und die Rasur fand nur statt, um mir das Gefühl, ein richtiger Mann zu sein zu geben.

Dieses Mal hatte ich zumindest Bartwuchs.
Die Rasur dauerte alles in allem ca. eine Dreiviertelstunde und wurde mit einem traditionellen Rasiermesser ausgeführt – nicht mit einem „Gilette Power acht Klingen Dreifachschliff Elektro Hobel“ oder wie die neuesten Errungenschaften auf dem Rasiersektor auch immer heißen. Sollte ich mich mit einem solchen Gerät selbst rasieren, müsste ich dieses wohl unter ärztlicher Aufsicht und mit den nötigen Blutkonserven in petto tun. Außerdem wäre eine gute Portion Eis für die entfernten Gesichtsteile von Vorteil.
Aber der Barbier hatte ein geschicktes Händchen und erledigte seinen Beruf faszinierend gut und die eigentliche Rasur erstaunlich schnell.
Die Kopfmassage dauerte ca. eine Stunde und begann mit dem „Einweichen“ des Kopfes mit Kokosöl. Danach folgte das ganze Programm inklusive Gelenkknacken (der medizinische Sinn dieser Prozedur erscheint mir fern, aber egal) und es war einfach nur entspannend.

Leonie hatte sich derweil der Haarentfernung unterzogen. Wer noch schöner sein will, muss eben noch mehr leiden. Außerdem hatte sie sich eine geschlagene Stunde maniküren lassen inklusive eines unterirdisch rosafarbenen Nagellacks.

Für alles zusammen bezahlten wir dann um die neun Euro. Im Vergleich zu den Heimatlanden unschlagbar günstig. Hier wäre wohl eine Hypothek auf das nicht existente Haus fällig gewesen.
Fazit: Alle Menschen mit Rückenschmerzen: Ab nach Delhi

Montag, 1. Oktober 2007

Der erste Brand

Mein bisheriger Eindruck des Nachtlebens der 14 Millionenstadt Delhis ist zu vergleichen mit dem meiner Heimatstadt Neumünster abzüglich der einzigen Diskothek SKY. Umso erfreuter war ich, dass sich mein Chef aus Hamburg zum kurzen Besuch angekündigt hatte. Da weiß ich das ich Qualität geliefert bekomme. Er erwartete mich gegen zwölf Uhr Mittags zusammen mit meinem Mentor Prem, den ich bis dato noch garnicht gesehen hatte, im Hotel Oberoi im dekadenten Süden Delhis. Angefangen wurde standesgemäß mit Bier und Wodka Lemon. Zu der genannten Uhrzeit eigentlich nicht unbedingt meine Sache, aber wenn man so lange auf dem Schlauch gestanden hat, nimmt man was kommt. Das Oberoi ist ein Spitzenklassehotel in dem man für den nötigen Obulus wahrscheinlich auch den Hintern abgewischt bekommt. Es gab ein leckeres Fünf-Gänge Menü an das ich mich ehrlich gesagt nur noch wage erinnern kann. Auf jeden Fall bestanden die Hauptgänge aus Chicken und Zanderfilet. Bevor wir richtig anfingen zu spachteln gab es noch aber einiges zu besprechen, das meinen Aufenthalt hier betrifft, aber ich möchte die Leserschaft nicht mit langweiligen geschäftlichen Details nerven.
Da beide Seiten am späten Nachmittag noch ein geschäftliches Treffen hatten, hielten wir uns ein wenig zurück und verständigten uns darauf es am Abend ein wenig deftiger anzugehen.
Nach dem geschäftlichen Treffen, das ebenfalls im Süden Delhis stattfand ging es für mich zur Privatresidenz Prems. Und ich kann sagen:" So etwas habe ich in meinem Leben noch nie gesehen." Das Haus an sich hatte sicherlich seine 700 qm, aber auch der 13 x 20 m Pool mit Wasserfall, der japanische Garten und die Riesenbar mit Poolbilliardtisch, Kino und sonstigem Zeugs waren sehr beeindruckend. Das eigene Fitnesscenter war da fast schon normal. Empfangen wurde ich von Prems' Frau, da die beiden anderen Herren im Verkehr Delhis feststeckten. Prem hat zwei Söhne von denen der ältere in Rhode Island an der Brown University Wirtschaftswissenschaften studiert. Der jüngere beschäftigt sich zurzeit eher mit seinem Riesenfernseher und seiner Playstation.
Prem ist direkt an meinem Arbeitsplatz, dem Chawri Bazar, in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen und hat sich nach dem Scheitern eines Medizinstudiums dem Papierverkauf gewidmet. Heute verkauft er 50% des in Indien verbrauchten Zeitungsdruckpapieres und es geht auch beim restlichen Papiergeschäft nichts an seiner Papierhandelsgesellschaft N.T.S.C. vorbei. Außerdem ist er im Containergeschäft aktiv und ist Vostandsvorsitzender und größter Anteilseigner der Containergesellschaft Gateway. Somit ist Prem auch der erste indische Bürger, dem es erlaubt ist eine eigene Eisenbahnlinie zum Containertransport aufzubauen. Nebenbei hat er in diesem Jahr noch eine Universität mitgegründet, die sich überwiegend Studiengängen der Richtung Massenmedien widmet.
Man merkt, Prem ist sehr reich. Nach meinen Begriffen ist er sogar sehr sehr reich. Laut dem indischen Wirtschaftsmagazin Business-Standard war er bereits 2005 7,6 Milliarden Rupien schwer. Immerhin sind das 136 Millionen Euro - und das vor der Gründung seines überaus erfolgreichen Containerunternehmens.
Bewundernswert finde ich, dass Prem seinen unermesslichen Reichtum nicht wie zum Beispiel meine über alles geliebte Sylt-Schickeria zur Schau stellt. Sicherlich hat er ein Riesenhaus (das allerdings sehr abgeschottet ist) und verkehrt in den höchsten Kreisen. Allerdings verzichtet er auf Statussymbole á la Motoryacht und Ferrari.
Außerdem bezahlt er seinen Söhnen zwar die teure universitäre Ausbildung an Spitzenuniversitäten, aber für ihren Lebensunterhalt müssen sie selbst aufkommen. Man stelle sich mal einen Klappskalli wie zum Beispiel Millionärssohn Sebastian Kamps vor wie er seinen eigenen Lebensunterhalt verdient. Dieser würde wahrscheinlich schon am ersten Arbeitstag daran scheitern sich vor der Aufnahme der Arbeit morgens selbst die Hose anzuziehen.
Nach Begutachtung des Hauses ging es weiter in das Hotel Sheraton, das ein sehr gutes südindisches Restaurant hat. Gespeist wurde mit den Fingern aus kleinen Schälchen und von Palmenblättern. Es gab einige Geflügel- und Fischvariationen mit verschiedenen verdammt gut schmeckenden Chutneys und Dosas (südindische Brotspezialitäten). Natürlich widmeten wir uns auch der Befeuchtung unserer Kehlen. Beim Essen gab es die eine oder andere Flasche Cloudy Bay - einen neusseländischen Weißwein.
Sitt und satt machte ich mich langsam schon darauf gefasst mich von Prems Fahrer ins Hotel fahren zu lassen, da sich die Anzahl der Essenspartner durch gewisse "optische Täuschungen" schon verdoppelt hatte. Wehe dem, der Weintrinken nicht gewohnt ist und eben diesen wie Bier trinkt.
Dennoch motivierten wir uns gegenseitig doch noch einen kleinen Gin-Tonic an der Bar zu nehmen - der Gesundheit zuliebe. Schon bald hatten wir Geschäftliches ad acta gelegt und beschäftigten uns eher mit Lallen und den einschlägigen Themen eines Männerabends. Im Hotel war ich dann gegen drei Uhr morgens. Immerhin dreieinhalb Stunden später als die allgemein übliche Sperrstunde. Eigentlich ist im Sheraton an der Bar auch gegen zwölf Feierabend - zumindest für Nicht-Hotelgäste. Daher nahm mein Chef schnell die Identität eines Bekannten Händlers an, den wir am gleichen Abend hier getroffen hatten. Die Bar-Zeche wurde somit auf das Zimmer von Robert H. gebucht. Das verwunderte Gesicht über solch eine hohe Bar-Zeche am nächsten Tag hätte ich nur allzu gern gesehen.
Schön endlich auch mal Delhi ein wenig verkabelt zu haben. Aber Leute - ich sage euch eines - Delhi ist die Hölle auf Erden mit einem Kater.