Montag, 29. Oktober 2007

Lychee Lassi und das Goethe-Institut

Das Nachtleben Delhis war bisher ein böhmisches Dorf für mich. Wenn man als Europäer Nächte bis spät in die Morgenstunden gewöhnt ist, wird zumindest in den einschlägigen Touristenspelunken Delhis bitter enttäuscht. Jeder Club schließt gegen 23.30h seine Pforten und bietet nicht allzu viel außer eines geplatzten Trommelfells ob der extremen Lautstärke. Ich hatte mich schon damit abgefunden mich in fast jeder freien Minute im meiner Wohnstätte nahe gelegenen „Siri Fort Sports Complex“ mit der Stählung meines Körpers zu beschäftigen.
Aber es kam wie immer in Indien anders. Ich hielt mich in meinem Lieblingsrestaurant „The Big Chill“ am Khan Market auf. Hier wird überwiegend europäische/amerikanische Küche auf einem hohen Level kredenzt. Da ich zurzeit die indische Küche bis auf einen kleinen Teil aus dem Speiseplan verbannt habe, ist dieses Restaurant ein guter Ablenkungsfeldzug.
So geschah es dann auch wieder an dem vergangenen Samstag, dass ich bei frisch gepresstem Apfelsaft und Salami-Pizza das „Time Out Magazine Delhi“ studierte. Hier war der Gig der Elektronik-Jazz Combo Lychee Lassi aus Berlin im Max Mueller Bhavan (Goethe-Institut Delhi) als Tagestipp genannt. Da ich wider erwarten eh nichts zu tun hatte machte ich mich mit der Rikshaw auf zum Institut in Erwartung eines entspannten Konzertabends. Der Eintritt war umsonst und ich traf bereits an der Eingangspforte David, der auch unwissend wie ich ein wenig zum proklamierten Jazz entspannen wollte. David ist halb Franzose und halb dominikanischer Republikaner oder DomRepper (oder wie die Jungs und Mädels aus dem Land eben heißen) und sein Satz: „I really hope that they got beer“ ließ ihn schon an der Pforte sehr sympathisch erscheinen - schließlich kann ich zu kaltem Kingfisher (so heißt hier das bekannteste Gebräu) nur in Ausnahmefällen nein sagen. Aber ich erzählte ihm, das eigentlich jede von Deutschen organisierte Veranstaltung Bier auf der Getränkekarte hätte, außer vielleicht die Jahreshauptversammlung der Anonymen Alkoholiker. Während wir warteten erzählte er mir, dass er im diplomatischen Dienst für das Konsulat der Dominikanischen Republik arbeitet und schon seit 15 Monaten in Delhi ausharrt. Dann wurden wir eingelassen und die Jungs von Lychee Lassi bestehend aus DJ Illvibe (bis 2005 DJ bei Seeed), Dirk Berger (g), Beat Halberschmidt (b) und Roland "Roy" Knauf (dr) legten los und überraschten mich mit einem frischen Mix aus elektronischer Musik, bizarr verzerrter Gitarre und einem sehr dominanten Bass. Samples aus überwiegend alten 90er Rapstücken und ein Höllentrommler rundeten das Spektakel ab. Die Jungs rockten das gesamte Publikum bestehend aus vielen Weißhäuten, indischer Jugend und Offiziellen. Der Höhepunkt des Gigs war dann das gemeinsame Stück mit der indischen Elektro-Fraktion Jalebee Cartel, die nach Lychee Lassi auftraten und Musik in Richtung der Band Underworld mit indischem Einfluss machten. Deliziös. Die letzten beiden Stücke wurden dann wieder gemeinsam gespielt und nun konnte sich niemand mehr auf dem zugewiesenen Platz halten. Ein weiteres lustiges Erlebnis war das Kennen lernen von Berit aus Berlin, die ab morgen ein Praktikum im Max Mueller Bhavan absolviert und ungefähr eine Minute von meiner Wohnung entfernt wohnt - welch Zufall. In Kombination von Berit und David sowie einigen Mitabeitern der Deutschen Botschaft floss das Bier dann endlich mal in St. Pauli-geht-spielen-Manier. Das Konzert war gegen 23h zu Ende und man beschloss sich auf ins Park-Hotel zu machen, um den Abend mit härteren Alkoholika ausklingen zu lassen. Hier wurden dann Erinnerungen etwaige Schickeria-Schauplätze Deutschlands wach. Überwiegend junge Delhianer gaben hier das Geld ihrer reichen Eltern aus und die Mädels trugen Kleidungsstücke, die den Namen Kleid nicht verdienen. Diese bedeckten nämlich nur primäre und sekundäre Geschlechtsteile. Alle waren ziemlich aufgebrezelt. Nicht gerade mein Klientel und als ich dann feststellte, das ich für meinen Tanqueray-Tonic gerade siebenhundert Rupees (EUR 13,50) bezahlt hatte, beschloss ich mich eher mit Gesprächen mit den anderen der Partygruppe zu beschäftigen statt meiner Gin-Gier zu frönen. Gegen eins beschlossen Berit, David und ich dann nach einem ausführlichen Nummernaustausch die Wohnungen aufzusuchen. Da wir alle recht hübsch einen in der Krone hatten gestaltete sich das Finden des D-Blocks in dem Berit und ich wohnen ein wenig schwierig. Wir forderten dann einfach den Taxi-Fahrer auf uns bei irgendeinem Eingang herauszulassen. Eine Stunde später konnte ich dann auch Berit zu Hause abliefern und trat hundemüde den Heimweg an um am gestrigen Sonntag endlich mal wieder mit einem Kater aufzuwachen.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hi Bubbi,

na, da hast Du ja endlich Dein Time-Out gefunden! Aber hoffentlich in einem Zeitungsladen und nicht an der einen Kreuzung mit dem Mädel.

Die CDs, die ich in Indien gekauft habe, sind bisher noch nicht so prickelnd. Habe aber erst 2 von 4 gehört, es besteht also noch Hoffnung.

Übrigens habe ich meine Kamera auf der Boßel-Party verschlampt - leider mit allen Fotos vom Taj Mahal. Könntest Du bitte nochmal hinfahren und ein paar bestimmte Aufnahmen machen?

Schönen Gruß aus dem Dauerregen bei gefühlter Dauerdämmerung

Andreas hat gesagt…

Ja,endlich habe ich es bekommen. Nach Agra fahre ich erstmal nicht so schnell. Kann Dir aber meine Fotos schicken. Die kannste dann beim Photoabend mit Freunden, der Familie und der Mannschaft als Deine ausgeben.

Anonym hat gesagt…

guude!

na das hört sich ja schon viel besser an als intensievstation. man muss ja auchma dampf ablassen.

gruß

beer

Momme hat gesagt…

na, dit hört sisch doch jut an. von wegen bäalina atze und so. und de musik soll ja ooch nich schlecht sein von die bäalina seeed-musikanten. elektro is ja jetze ooch hier ne numma.
dranbleiben also, rinjehaun
momme

Andreas hat gesagt…

Jo, Alta. Musste auch an Dich denken. Solltest Du dir mal anhören - wenn Du die nicht schon kennst.

Cheers

Anonym hat gesagt…

Moin kleiner,

freut mich dass du endlich mal spielen warst. Tausche bilder von den "kleidern" der mädels gegen bilder vom boßeln (also nicht die von falk da er ja leicht verwirrt war zwischenzeitlich und seine cam verlegt hat). Glücklicherweise war der rest der truppe kristallklar im kopf... Die pics werden dir gefallen!

Andreas hat gesagt…

Genau aus diesem Grunde habe ich die Kamera auch lieber zu Hause gelassen. Sonst hätte ich sie auch gleich an den Nächstbesten verschenken können. Daher leider keine Fotos. Aber suche mal einschlägige Männermagazine im Netz auf und da haste die Mädels noch besser fotografiert. Ich erwarte natürlich mit Spannung die Bilder vom Boßeln...