Montag, 1. Oktober 2007

Der erste Brand

Mein bisheriger Eindruck des Nachtlebens der 14 Millionenstadt Delhis ist zu vergleichen mit dem meiner Heimatstadt Neumünster abzüglich der einzigen Diskothek SKY. Umso erfreuter war ich, dass sich mein Chef aus Hamburg zum kurzen Besuch angekündigt hatte. Da weiß ich das ich Qualität geliefert bekomme. Er erwartete mich gegen zwölf Uhr Mittags zusammen mit meinem Mentor Prem, den ich bis dato noch garnicht gesehen hatte, im Hotel Oberoi im dekadenten Süden Delhis. Angefangen wurde standesgemäß mit Bier und Wodka Lemon. Zu der genannten Uhrzeit eigentlich nicht unbedingt meine Sache, aber wenn man so lange auf dem Schlauch gestanden hat, nimmt man was kommt. Das Oberoi ist ein Spitzenklassehotel in dem man für den nötigen Obulus wahrscheinlich auch den Hintern abgewischt bekommt. Es gab ein leckeres Fünf-Gänge Menü an das ich mich ehrlich gesagt nur noch wage erinnern kann. Auf jeden Fall bestanden die Hauptgänge aus Chicken und Zanderfilet. Bevor wir richtig anfingen zu spachteln gab es noch aber einiges zu besprechen, das meinen Aufenthalt hier betrifft, aber ich möchte die Leserschaft nicht mit langweiligen geschäftlichen Details nerven.
Da beide Seiten am späten Nachmittag noch ein geschäftliches Treffen hatten, hielten wir uns ein wenig zurück und verständigten uns darauf es am Abend ein wenig deftiger anzugehen.
Nach dem geschäftlichen Treffen, das ebenfalls im Süden Delhis stattfand ging es für mich zur Privatresidenz Prems. Und ich kann sagen:" So etwas habe ich in meinem Leben noch nie gesehen." Das Haus an sich hatte sicherlich seine 700 qm, aber auch der 13 x 20 m Pool mit Wasserfall, der japanische Garten und die Riesenbar mit Poolbilliardtisch, Kino und sonstigem Zeugs waren sehr beeindruckend. Das eigene Fitnesscenter war da fast schon normal. Empfangen wurde ich von Prems' Frau, da die beiden anderen Herren im Verkehr Delhis feststeckten. Prem hat zwei Söhne von denen der ältere in Rhode Island an der Brown University Wirtschaftswissenschaften studiert. Der jüngere beschäftigt sich zurzeit eher mit seinem Riesenfernseher und seiner Playstation.
Prem ist direkt an meinem Arbeitsplatz, dem Chawri Bazar, in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen und hat sich nach dem Scheitern eines Medizinstudiums dem Papierverkauf gewidmet. Heute verkauft er 50% des in Indien verbrauchten Zeitungsdruckpapieres und es geht auch beim restlichen Papiergeschäft nichts an seiner Papierhandelsgesellschaft N.T.S.C. vorbei. Außerdem ist er im Containergeschäft aktiv und ist Vostandsvorsitzender und größter Anteilseigner der Containergesellschaft Gateway. Somit ist Prem auch der erste indische Bürger, dem es erlaubt ist eine eigene Eisenbahnlinie zum Containertransport aufzubauen. Nebenbei hat er in diesem Jahr noch eine Universität mitgegründet, die sich überwiegend Studiengängen der Richtung Massenmedien widmet.
Man merkt, Prem ist sehr reich. Nach meinen Begriffen ist er sogar sehr sehr reich. Laut dem indischen Wirtschaftsmagazin Business-Standard war er bereits 2005 7,6 Milliarden Rupien schwer. Immerhin sind das 136 Millionen Euro - und das vor der Gründung seines überaus erfolgreichen Containerunternehmens.
Bewundernswert finde ich, dass Prem seinen unermesslichen Reichtum nicht wie zum Beispiel meine über alles geliebte Sylt-Schickeria zur Schau stellt. Sicherlich hat er ein Riesenhaus (das allerdings sehr abgeschottet ist) und verkehrt in den höchsten Kreisen. Allerdings verzichtet er auf Statussymbole á la Motoryacht und Ferrari.
Außerdem bezahlt er seinen Söhnen zwar die teure universitäre Ausbildung an Spitzenuniversitäten, aber für ihren Lebensunterhalt müssen sie selbst aufkommen. Man stelle sich mal einen Klappskalli wie zum Beispiel Millionärssohn Sebastian Kamps vor wie er seinen eigenen Lebensunterhalt verdient. Dieser würde wahrscheinlich schon am ersten Arbeitstag daran scheitern sich vor der Aufnahme der Arbeit morgens selbst die Hose anzuziehen.
Nach Begutachtung des Hauses ging es weiter in das Hotel Sheraton, das ein sehr gutes südindisches Restaurant hat. Gespeist wurde mit den Fingern aus kleinen Schälchen und von Palmenblättern. Es gab einige Geflügel- und Fischvariationen mit verschiedenen verdammt gut schmeckenden Chutneys und Dosas (südindische Brotspezialitäten). Natürlich widmeten wir uns auch der Befeuchtung unserer Kehlen. Beim Essen gab es die eine oder andere Flasche Cloudy Bay - einen neusseländischen Weißwein.
Sitt und satt machte ich mich langsam schon darauf gefasst mich von Prems Fahrer ins Hotel fahren zu lassen, da sich die Anzahl der Essenspartner durch gewisse "optische Täuschungen" schon verdoppelt hatte. Wehe dem, der Weintrinken nicht gewohnt ist und eben diesen wie Bier trinkt.
Dennoch motivierten wir uns gegenseitig doch noch einen kleinen Gin-Tonic an der Bar zu nehmen - der Gesundheit zuliebe. Schon bald hatten wir Geschäftliches ad acta gelegt und beschäftigten uns eher mit Lallen und den einschlägigen Themen eines Männerabends. Im Hotel war ich dann gegen drei Uhr morgens. Immerhin dreieinhalb Stunden später als die allgemein übliche Sperrstunde. Eigentlich ist im Sheraton an der Bar auch gegen zwölf Feierabend - zumindest für Nicht-Hotelgäste. Daher nahm mein Chef schnell die Identität eines Bekannten Händlers an, den wir am gleichen Abend hier getroffen hatten. Die Bar-Zeche wurde somit auf das Zimmer von Robert H. gebucht. Das verwunderte Gesicht über solch eine hohe Bar-Zeche am nächsten Tag hätte ich nur allzu gern gesehen.
Schön endlich auch mal Delhi ein wenig verkabelt zu haben. Aber Leute - ich sage euch eines - Delhi ist die Hölle auf Erden mit einem Kater.

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